Freiwilligendienste protestieren gegen Kürzungen im Bundesetat
Freiwillige aus Sachsen-Anhalt setzen Zeichen gegen Sparpläne
Magdeburg/Berlin, 20. September 2023. – Mehr als 250 Freiwillige aus Sachsen-Anhalt, Einsatzstellenvertreter und der Betriebsteil DRK Freiwilligendienste haben heute in Berlin gemeinsam mit anderen deutschen Hilfsorganisationen gegen die Kürzungen bei den Freiwilligendiensten protestiert.
Tausende Freiwillige und Verantwortliche aus dem gesamten Bundesgebiet sind heute nach Berlin gereist, um ein Zeichen gegen den Sparkurs der Bundesregierung zu setzen. Die Demonstration ist eingebettet in eine bundesweite Aktionswoche, bei der seit Montag die meisten Träger, Verbände und Kirchen regional und lokal auf die fatalen Folgen der geplanten Kürzung für die Freiwilligendienste im Bundesetat aufmerksam machen. Am Montag gab es dazu eine Anhörung im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages. Jede dritte der aktuell rund 100.000 Stellen in Deutschland wäre durch die Kürzungen gefährdet.
Roland Halang, Präsident des DRK Landesverbandes Sachsen-Anhalt, warnt: „Die geplante Einsparung hätte drastische Auswirkungen auf die Freiwilligendienste in Sachsen-Anhalt, käme einer teilweisen Abwicklung der Dienste in diesem wichtigen gesellschaftspolitischen Bereich gleich.“
Ein verheerendes Signal nennt Katja Fischer die Etatkürzungen. „Ausgerechnet zum 60. Jubiläum im nächsten Jahr müssen wir einen Kahlschlag bei den Freiwilligendiensten befürchten“, sagt sie. Die Betriebsteilleiterin der DRK Freiwilligendienste in Sachsen-Anhalt ist seit Monaten auf Tour und macht politische Entscheidungsträger auf die Folgen aufmerksam.
Das DRK ist mit 600 Freiwilligen in 300 Einrichtungen größter Träger von Freiwilligendiensten in Sachsen-Anhalt. Sollten die Mittel im Etat des Bundesfamilienministeriums im Jahr 2024 um 78 Millionen Euro gekürzt werden, hat das tiefgreifende Folgen für Sachsen-Anhalt.
Für den Jahrgang 2023/24 (September 2023 bis August 2024) wurden dem DRK in Sachsen-Anhalt insgesamt 557 Freiwillige für das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) bewilligt. Sollten die angekündigten Kürzungen zum Tragen kommen, blieben aufgrund der Berechnungen des Bundes bei einer Kürzung ab September 2024 nur noch 209 Freiwillige übrig.
„Es ist für uns sehr schwer zu verstehen, warum in Zeiten des Fachkräftemangels ein so wertvolles Instrument zur Unterstützung der Fachkräfte im sozialen Bereich sowie diese gute Möglichkeit Fachkräfte für die Zukunft zu gewinnen, durch diese dramatischen Kürzungen so enorm geschwächt werden soll“, so Halang weiter.
Ähnlich sieht es bei allen Trägern von Freiwilligendiensten in ganz Deutschland aus. Tausende Menschen demonstrierten heute und appellierten an die Bundestagsabgeordneten, die geplanten Streichungen zurückzunehmen – oder mindestens die aktuell zur Verfügung stehenden Mittel in den Eckwerten für 2025 ff. festzuschreiben.
„Wir zeigen hier Flagge, weil nicht gekürzt, sondern im Gegenteil der Freiwilligendienst sogar eher aufgewertet werden müsste“, sagte Marc Nicolas Lüdeke, der Anfang des Monats sein FSJ im Nierentransplantationszentrum des Universitätsklinikums Halle (Saale) A.ö.R. begonnen hat.
Vor dem Protestzug, der am Brandenburger Tor mit einer Abschlussveranstaltung endete, machte der DRK Landesverband Sachsen-Anhalt vor dem Bundestag seine Forderungen bei Gesprächen mit Abgeordneten aus Sachsen-Anhalt deutlich.
Dorothee Bär von der CDU sagte: „Die Arbeit der Freiwilligen ist unbezahlbar. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die geplanten Kürzungen nicht in diesem Umfang erfolgen werden.“
Ingo Botke von der FDP sagte: „Kürzungen sind aufgrund von Krisen – Coronapandemie und Ukraine – notwendig geworden. Trotzdem unterstütze ich die Freiwilligen. Ich weiß was sie leisten und wie wichtig die Freiwilligendienste für unsere Gesellschaft sind.“
„Wir möchten etwas für die Gesellschaft tun“, sagte Hannah Thielemann, die im August ein FSJ in Halle (Saale) begonnen hat und als Integrationshelferin ein körperlich beeinträchtigtes Grundschulkind unterstützt. „Aber das muss man sich bei acht Stunden Arbeit für 300 Euro und immer weniger Spielraum inzwischen fast leisten können. Die Mittel dürfen nicht gekürzt, sie müssen aufgestockt und dazu die Bedingungen verbessert werden.“